Prof. Dr. Müller brachte den Teilnehmer der Frühschicht innerhalb weniger Minuten die wesentlichen Elemente seines Forschungsgebiets der Eigenspannungszustände von Federelementen im Labor Werkstoff- und Fügetechnik nahe. Anhand griffiger Beispiele zeigte er, wie selbst sehr große Bauteile in der Hochschule mit einem Röntgendiffraktometer gemessen und Kugelstrahlverfahren verbessert werden können. Man spürte sofort, dass er das nicht zum ersten Mal aber umso leidenschaftlicher erklärte: „Stahl verhält sich wie ein Radiergummi, den man knickt und biegt oder eine Menschenkette die man auseinander zieht. Je näher die Menschenkette verdichtet wird (Kugelstrahlverfahren) desto mehr Zugbelastung hält sie aus.“
Generative Fertigungsverfahren und Rapid Prototyping gehören auch an der HS Bochum zum Studium der Ingenieure. Vom CNC-Bearbeitungszentrum bis zum „Metall-Drucker“, der eigentlich gar nicht druckt und schon gar nicht sintert, lernen die Studenten die Feinheiten der praktischen Werkstoffbearbeitung im Labor Fertigungstechnik und Qualitätsmanagement.
Der moderne Konstrukteur zeichnet nicht mehr mit Tusche auf Papier sondern entwirft sein Teil in 3D am Computer, am besten noch mit stereoskopischer Visualisierung und Animation, und präsentiert das Ergebnis an der 5×4 Meter großen Smart-VR-Wall dem „Endkunden“. So jedenfalls an der HS Bochum, wo rund zehn von diesen Arbeitsplätzen geschaffen wurden, um das zu lehren, was so wichtig ist: Die Konstruktion im Gesamtkontext zu betrachten. Z.B. das Elektroauto entsprechend der Ansprüche des Motors zu konstruieren (Leichtbau), anstatt einen Elektromotor für das traditionelle Auto zu bauen. Die Teilnehmer durften auch mal ran:
„Vor 34 Jahren haben wir Schlosserlehrlinge bei FAG die erste CNC Fräsmaschine bekommen. Der Kracher! Heute saß ich hier vor einem Gerät, mit welchem ich aus einem virtuellen Produkt Elemente herausnehmen und in 3D vor meinem Auge drehen und wenden konnte“ sagt Achim Gilfert und stellte die Veränderung der Technologie anschaulich dar.
Dabei werden die Konstruktionsdaten – sofern gewünscht – zertifiziert und mit Nutzungsbestimmungen versehen in lokalen oder cloudbasierten Datenbanken angelegt, wodurch ausschließlich berechtigte Personen an den Konstruktionen arbeiten können, erklärte Stefan Binder vom CAD/CAE-Institut. Mit Blick auf die IT-Sicherheit stellt das einen „harten“ Faktor dar, um den man sich als Unternehmen keine Sorgen machen muss. Viel wichtiger wird hierbei der „weiche“ Faktor Mensch, der so gut wie möglich für das Thema IT-Sicherheit sensibilisiert werden will, um Plagiatkonflikte zu vermeiden.
„Was wünschen sich die anwesenden Unternehmen für Ingenieure? Ihre Tipps setzen gerne wir schon morgen in die Tat um!“, leitete der Dekan die Abschließende Fragerunde ein. Interdisziplinär geschulte Absolventen, die über den Tellerrand gucken und sich nicht „im technischen Bereich verkriechen“, sondern das ökonomische Denken eines Unternehmens verstehen und leben, werden in den heutigen Märkten gebraucht, sprach Ralph Jan Wörheide von der Orontec GmbH aus Dortmund seine Meinung aus.
Gleichzeitig hilft der Kontakt zur Praxis schon während des Studiums bei der persönlichen Entwicklung, weshalb die Hochschule stets bemüht ist Praxissemester, Abschlussarbeiten und Auftragsforschungen in Kooperation mit Unternehmen für die Studenten zu beiderseitigem Vorteil möglich zu machen und ermutigte die anwesenden Unternehmer den Kontakt zur Hochschule zu suchen.
Zusammengefasst war die Frühschicht bei der Hochschule Bochum wirklich sehr spannend mit hohem Praxisanteil und guten Kontakten für gemeinsame Projekte.